Im Sommer 2020 hat das Schlossmuseum Rundāle einen Antrag auf Aufnahme des „Gebäudeanlage von Schloss Rundāle mit Garten und Waldpark“ in die lettische nationale UNESCO-Welterbeliste eingereicht. Nach einer Inspektion sowie der Auswertung des Antrags durch Experten entschied die Versammlung der lettischen UNESCO-Nationalkommission (LNK), die Schlossanlage Rundāle in die lettische nationale UNESCO-Welterbeliste aufzunehmen.
Das Schloss Rundāle mit seinem Garten ist ein Ort, an dem die Ambitionen mehrerer herausragender Persönlichkeiten aufeinandertrafen. Dies war einerseits der Herzog von Kurland, Ernst Johann Biron, der ein Eigentum in seinem Geburtsland erwarb und seinen Plan einer prachtvollen Residenz, gebaut vom besten Architekten des Russischen Reichs seiner Zeit, realisierte. Andererseits kommt beim Bau der Schlossanlage Rundāle hervorragend das Architektur-Talent von Francesco Rastrelli (1697–1771) zur Geltung. Dieser hatte die Möglichkeit, eine den Idealvorstellungen seiner Zeit entsprechende Residenz zu errichten und diese zusammen mit dem Gartenterrain und den Umgebungsbauten zu planen. Daraus entstand, wie sich alle Museumsbesucher selbst überzeugen können, ein repräsentatives, aber gleichzeitig relativ zurückhaltendes Gebäude, das sich harmonisch in die umgebende Landschaft einfügt und potenziell mit einem Verhältnis von Maß und Raum, das für den Menschen gut fühlbar und verständlich ist, in Einklang steht.
Das Schloss Rundāle ist das einzige Bauprojekt des Russischen Hofarchitekten Francesco Rastrelli, das in der frühen Phase seiner 20-jährigen Schaffenszeit entstand, keine Umbauten im 19. Jahrhundert erlebte und während der Revolutionen und Kriege im 20. Jahrhundert nicht zerstört wurde. Im Gegensatz zu vielen europäischen Schlössern ist in Rundāle die stilistische Einheitlichkeit der Architektur des 18. Jahrhunderts erhalten geblieben.
Derzeit wird das Schloss Rundāle als Sommerresidenz des Herzogs präsentiert. Die Räume des Schlosses sind mit für das 18. Jahrhundert typischen Möbelstücken, Einrichtungsgegenständen und Kunstwerken eingerichtet, die die ursprüngliche Funktion der Räume erkennbar werden lassen und eine dem herzoglichen Lebensstil entsprechende Atmosphäre erzeugen.
Mit dem Streben des Barocks nach Überraschungen und unerwarteten Effekten als Hauptaufgabe ist im französischen Garten des Schlosses Rundāle einer der größten Rosengärten Nordeuropas eingerichtet. Die Rosensammlung, die mehr als 2.300 Sorten umfasst, bietet sowohl historische Rosen dar, die schon seit dem 12. Jahrhundert gezüchtet werden, als auch die Erfolge heutiger Züchter. Die Anordnung der Boskette im Schlossgarten Rundāle wurde entsprechend dem historischen Wegenetz und den Bepflanzungszonen erneuert. In einem der Boskette ist gemäß Rastrellis Vorhaben ein Grünes Theater eingerichtet.
„Wir sind sehr stolz auf die Gebäudeanlage von Schloss Rundāle und sind überzeugt, dass es nicht nur als einzigartiges Beispiel der frühen Architektur Rastrellis internationale Anerkennung verdient hat, sondern auch als Ort, an dem sich der Kreativgeist von Künstlern und Gärtnern trifft und der das Gefühl eines Ortes aus dem Barock auch für die heutigen Menschen leicht verständlich zusammenfasst. Dies wurde natürlich mit der zielgerichteten und wissenschaftlich fundierten Restauration des Schlosskomplexes über nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert erreicht,“ erklärt die Direktorin des Schlossmuseums Rundāle, Laura Lūse.
Auf dem Weg in die Welterbeliste muss das Museum die wissenschaftliche Begründung für den universellen Wert der Schlossanlage Rundāle abrunden sowie die Einbeziehung des Schlosses in den internationalen Umlauf und die Pflege des Komplexes entsprechend den Schutzvorschriften für Kulturdenkmäler fortsetzen.
Die in die lettische nationale UNESCO-Welterbeliste aufgenommenen Stätten können auch für eine Aufnahme in die internationale UNESCO-Welterbeliste nominiert werden. Die Entscheidung über die Aufnahme einer Erbstätte in die lettische nationale UNESCO-Welterbeliste trifft die Versammlung, das höchste Entscheidungsorgan der LNK. Beschlüsse über die Erweiterung der Liste trifft die Versammlung der LNK auf Grundlage des Gutachtens der Behörde für das nationale Kulturerbe als verantwortliche staatliche Institution für den Schutz des Erbes, des Gutachtens der lettischen Abteilung des Internationalen Rats für Denkmalpflege (ICOMOS) als Nichtregierungsorganisation von Experten für das Erbe und der Bewertung durch unabhängige Experten. Die lettischen Institutionen und Experten werteten, dass die nominierte Stätte sowohl im lettischen als auch im europäischen Kontext von universellem Wert ist und hohes Potenzial hat, die in den Richtlinien der UNESCO-Konvention zum Schutz des Weltkultur- und Naturerbes festgelegten Kriterien und Anforderungen an die Authentizität und Integrität zu erfüllen.