Geschichte

Schlossgeschichte

Der heutige Name der Ortschaft Rundāle ist vom deutschen Ortsnamen Ruhenthal abgeleitet worden.

Das im 16. Jahrhundert erbaute Schloss auf dem Gutshof Rundāle befand sich auf der Nordseite des Teichs. Auf dem Plan von Francesco Bartolomeo Rastrelli ist es als ein kleines Quadrat mit Seitentürmen dargestellt Das Landgut Rundāle entstand schon am Ende des 15. Jahrhunderts. Von 1505 bis 1681 blieb es im Besitz der Familie von Grotthuss. Das Gut ist 1555 in einer Liste der livländischen Schlösser erwähnt. Die auf dem Schlossgelände gefundenen Gegenstände der Fassadenausstattung – Fragment einer gusseisernen Konsole mit Frauenkopf, sowie Bruchstücke der in Stein gemeißelten Wappen könnten auf die Mitte des 17. Jahrhunderts datiert werden. 1735 kaufte Graf Ernst Johann Biron das Gut Rundāle für 42 000 Reichstaler.

Das alte Schloss wurde völlig abgetragen; Steine, Ziegel und sogar der Mörtel wurden für den Bau des neuen Schlosses genutzt.

Nach dem Tode des Herzogs Ernst Johann im Jahre 1772 ging das Schloss in den Besitz seiner Witwe, der Herzogin Benigna Gottlieb, über. Zu dieser Zeit wurden am Schloss Obstgärten angelegt. Herzog Peter hielt sich selten in Rundāle auf, er bevorzugte das etwas kleinere Schloss Vircava/ Würzau unweit von seiner Hauptresidenz in Mitau. 1795 verzichtete Herzog Peter auf den Thron, und das Herzogtum Kurland-Semgallen wurde dem russischen Reich angegliedert. Die Kaiserin Katharina II. schenkte das Gut und Schloss Rundāle dem Grafen Valerian Subow, der 1804 starb. Sein Bruder, Fürst Platon Subow, der letzte Favorit der Kaiserin Katharina II., wurde der nächste Besitzer von Rundāle.

In der Zeit, als die Familie Subow in Rundāle residierte, wurde das Schloss mit neuem Mobiliar ausgestattet, das Gebäude selbst wurde jedoch nicht umgebaut. Nur an den beiden Eingängen wurden Vorhallen angebracht und in Innenräumen wurden etliche Kamine eingebaut. 1812, während des französisch-russischen Krieges, wurde das Schloss demoliert – die Spiegel wurden zerschlagen, die seidenen Wandtapeten zerrissen, die von Katharina II. geschenkte Bibliothek vernichtet.

Fürst Platon Subow starb am 7. April 1822 im Schloss Rundāle, d. h. im früheren Schlafzimmer des Herzogs. Seine Witwe heiratete den Grafen Andrej Schuwalow. Das Landgut Rundāle gehörte dieser Familie bis zur Agrarreform von 1920. Die Schuwalows hielten sich selten in Rundāle auf. Eine Ausnahme bildet die Zeit von 1864 bis 1866, als Graf Pjotr Schuwalow, zum Generalgouverneur der Ostseeprovinzen Russlands berufen, das Schloss Rundāle als seine offizielle Sommerresidenz einrichten ließ. In dieser Zeit wurden die Räume sehr in Eile renoviert, in den 1880er Jahren aber wurde eine sorgfältige Erneuerung der Innenausstattung durchgeführt. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Teil der Schlosseinrichtung und der Kunstgegenstände nach St. Petersburg ausgelagert.

Von 1915 bis 1918, während des Ersten Weltkrieges, wurden im Schloss eine Kommandantur und ein Lazarett für deutsche Soldaten eingerichtet. 1919 wurde das Schloss von Soldaten der Bermondt-Awalow Armee demoliert.

1923 wurde das Schloss renoviert; in einigen Räumen im West- und Nordflügel des Schlosses wurde die Elementarschule der Dorfgemeinde Rundāle eingerichtet. 1924 wurde das Schloss dem Verband der Kriegsinvaliden Lettlands übergeben.1933 wurde das Schloss vom Denkmalamt übernommen, das dann mit der Renovierung des Gebäudes sowie mit der Restaurierung einiger Räume begann; der Westflügel des Schlosses wurde für Bedürfnisse der Elementarschule ausgebaut. 1938 wurde das Schloss dem Staatlichen Historischen Museum Lettlands übergeben. Es wurde geplant, hier ein Museum für kirchliche Kunst einzurichten und Gegenstände der dekorativen Kunst auszustellen. Die Schlossräume waren  für Besucher auch während des Zweiten Weltkrieges geöffnet. 1945 wurden in Schlosssälen Getreidelager eingerichtet, danach wurden die Türen des Schlosses für Besucher geschlossen.

1963 wurde ein Teil der Schlossräume dem Heimat- und Kunstmuseum von Bauska übergeben. Erst im Jahre 1972 wurde ein selbständiges Museum – das Schlossmuseum Rundāle gegründet, dessen Hauptaufgabe bis heute ist es, das ganze Schlossensemble entsprechend dessen Gestalt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wiederherzustellen. Die ersten restaurierten Räume wurden für Besucher 1981 geöffnet, danach wurden allmählich auch andere restaurierte Räume der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Baugeschichte

Graf Ernst Johann Biron kaufte das Landgut Rundāle/Ruhenthal am 26. Juni 1735. Im August dieses Jahres kam der russische Hofarchitekt F. Rastrelli nach Kurland. Vom September bis Dezember wurden Verträge mit Tischlermeistern, Maurern, Ziegelbrennern, Lieferanten von Baumaterialien sowie mit Töpfermeistern-Ofensetzern geschlossen.

 Im Januar 1736 war der Bauplan fertig. Heute sind 8 Blätter des Bauentwurfs vom Schloss Rundāle in der grafischen Sammlung Albertina in Wien erhalten. Dazu gehören: ein Situationsplan, zwei Grundrisse der Stockwerke, vier Fassadenaufrisse und ein Entwurf für den Altar der Schlosskirche.

Die erste Bauperiode von 1736 bis 1740

Am 24. Mai 1736 wurde in einer festlichen Zeremonie der Grundstein für das Schloss Rundāle gelegt. Am 6. Juli wurde der Ausbau des Fundaments vollendet, am 13. Oktober war der zentrale Baukörper des Schlosses bis zum Fensterbrett des Obergeschosses gebaut. Bis Juni wurden 12 Ziegelbrennereien und 12 Ziegellager angelegt. Im Schloss arbeiteten 268 Maurer, obwohl Rastrelli 500 verlangt hatte. Wegen der Kälte mussten die Arbeiten am 1. November eingestellt werden.

Die Bauarbeiten wurden am 12. April 1737 wieder aufgenommen. Am 28. Mai war der zentrale Baukörper des Schlosses fertig. Am 18. Juni hat man mit der Überdeckung der Seitenflügel angefangen. Bis Ende Juni war die Dachkonstruktion des zentralen Baukörpers fertig. Als alle Arbeiten am 10. Oktober eingestellt wurden, war einer der Seitenflügel schon bedacht, der zweite wurde aber mit einem Notdach versehen. Der Fundament der Stallbauten war auch fertig. Die Mauerungsarbeiten wurden am 10. Oktober 1737 beendet. Nachdem Graf E. J. Biron zum Herzog von Kurland gewählt wurde, ließ er den Bau vereinfachen. Die Ausstattungsmaterialien wurden von Tischlermeistern aus der kaiserlichen Baukanzlei in St. Petersburg sowie vom Holzschnitzer A. Kamajev, vom Töpfermeister I. Uschakow aus dem Ziegelwerk Neva mit seiner Brigade und von den Malern I. Mizinow, I. Pilugin und I. Jewdokimow hergestellt. In Vircava/ Würzau waren die österreichischen Töpfermeister tätig. Die Ausstattungsmaterialien wurden auch in St. Petersburg hergestellt.

Am 14. Juni 1738 wurde der Grundstein für die Hauptresidenz in Jelgava/ Mitau gelegt. Der Umfang der Bauarbeiten in Rundāle wurde deshalb reduziert. Auch ein Teil der angefertigten Verzierungen wurde nach Jelgava gebracht, jedoch wurde die Bautätigkeit in Rundāle fortgesetzt: Schornsteine und Innengewölbe wurden gemauert, die Bedachung fertiggestellt. Der gleichzeitige Bau der beiden Schlösser verlangsamte das Bautempo in Rundāle. Der Tischlermeister Eger fertigte eichene Wandtäfelungen für 33 Räume sowie 13 eichene Parkettböden an. In Räumen wurden Holzdecken eingesetzt, um mit den Stuckarbeiten beginnen zu können. Im September haben Zimmerleute den Bau der Außentreppe in Angriff genommen. Es wurde auch mit dem Bau des Torturms begonnen.

Entwurf von Rastrelli: die Nordfassade des Schlosses Rundāle mit dem Torturm
Entwurf von Rastrelli: die Nordfassade des Schlosses Rundāle mit dem Torturm

1739 sollte mit den Stuckarbeiten in den Innenräumen angefangen werden, jedoch ließ der Herzog die Anzahl von Stuckateuren herabsetzen, außerdem sollten die Arbeiten vereinfacht werden. Stuckdekore wurden nur für die Haupttreppenhäuser und Paradesäle angefertigt, andere Räume wurden mit glatten Decken versehen. Zu dieser Zeit waren in Rundāle nur 10 Handwerker tätig. Auf Befehl der russischen Kaiserin Anna Joanovna wurden am 1. Februar alle Maurer der kaiserlichen Baukanzlei in St. Petersburg nach Kurland beordert. Die für Rundāle vorgesehenen Baudetails – holzgeschnitzte Türen, Wandtäfelungen, Parkette, Öfen der österreichischen Töpfermeister sowie die von Bartolomeo Tarsia auf Leinwand gemalten Plafonds und gusseisernen Fassadenverzierungen, die heute an der Schlossfassade in Jelgava zu sehen sind – wurden nach Jelgava – in die Hauptresidenz gebracht. Bei der Leitung der Bauarbeiten stand dem Architekten Rastrelli N. Vasiljew zur Seite. Für die Finanzen und Organisierung der Bauarbeiten war der russische Kammerherr Ernst Johann von Buttlar verantwortlich, der auch Berichte über den Arbeitsablauf nach St. Petersburg erstattete.

Die gusseisernen Fassadenverzierungen
Die gusseisernen Fassadenverzierungen

1740 wurde der holzgeschnitzte Altar für die Schlosskirche nach Jelgava gebracht. Vermutlich war die Ausstattung der Schlossräume zu dieser Zeit, außer den Wandtäfelungen, fertig, auch ein Teil der Öfen war noch nicht aufgestellt worden, weil zahlreiche Baumaterialien eingelagert waren.

Die Bauarbeiten wurden ab dem 20. November 1740 – nach dem Staatsstreich in Russland sowie nach der Verhaftung und Verbannung des Herzogs Ernst Johann –eingestellt. Die angefertigten Ausstattungsgegenstände und Baudetails, sowie ein Teil der schon eingebauten Details – Türen, Wandtäfelungen und Parkettböden – wurden nach St. Petersburg gebracht.

Bei dem Bau des Schlosses wurden insgesamt mehr als tausend Handwerker und Arbeiter verschiedener Berufe beschäftigt.

Die zweite Bauperiode von 1764 bis 1770

1762 wurde Ernst Johann Biron begnadigt und konnte im Januar 1763 nach Kurland zurückkehren.

Als Hofarchitekt des Herzogs wurde im Januar 1764 Johann Gottfried Seidel angestellt, doch im August trat Francesco Rastrelli in den Dienst des Herzogs als Hauptintendant der herzöglichen Bauten wieder ein. Zu dieser Zeit arbeitete er seine Baupläne um und beaufsichtigte die Bauarbeiten.

Der unvollendete hohe Torturm wurde abgetragen, und es wurde mit dem Bau der Stallungen begonnen. Bis 1768 wurden lettische Tischlermeister von anderen Gütern des Herzogs zur Arbeit nach Rundāle gesandt. 1765 waren im Schloss folgende Handwerker tätig: Tischlermeister Blank, Bildhauer Siebenbrod, Schlosser Schreibvogel, Vergolder Johann Endress, Töpfermeister Schefer, Tischlermeister Eckhof, Schlosser Horstmann und Kupferschmied Memel.

1766 wurde Severin Jensen als Hofarchitekt angestellt. Sein Stil ist an den Torpfosten sowie an den Stallgebäuden zu erkennen. Im Projekt von Rastrelli waren  die Stallgebäude im Viereck platziert, Severin Jensen legte sie im Halbkreis an. Der Schlussstein des Fensters an der nördlichen Schlossfassade ist mit einem Datum – den 16. Mai 1766 – versehen.

Schlussstein des Fensters mit dem Datum an der Fassade
Schlussstein des Fensters mit dem Datum an der Fassade

1768 wurde das Tor errichtet und die schmiedeeisernen Torbrüstungen aufgestellt.

Die Raumordnung des Schlosses wurde wenig geändert. Durch die Vereinigung der fünf ursprünglich kleinen Räume zu einem Raum entstand die Große Galerie – der Paradespeisesaal. Anstelle der schon fast ausgebauten Schlosskirche wurde ein Tanzsaal – der Weiße Saal angelegt. Von den alten Interieurs wurden nur die beiden Haupttreppenhäuser, die kleine Galerie sowie die Galerien des Erdgeschosses und das Vestibül unberührt gelassen.

Die Innenausstattung des Schlosses mit dekorativen Stuckarbeiten wurde von 1765 bis 1768 vom Bildhauer und Stuckateur Johann Michael Graff aus Berlin zusammen mit seiner Brigade – dem Bruder Josef und den Mitarbeitern Baumann und Lanz – ausgeführt. 27 Räume sind mit bildhauerischen Verzierungen versehen, in zwei Räumen des herzoglichen Appartements und im Paradesaal gibt es Paneele aus Kunstmarmor. 1767 waren der Marmorsaal und das Panneau aus Kunstmarmor im Goldenen Saal fertiggestellt. Im Juli 1768 erhielt der Bildhauer Graff seinen Lohn für die letzten Arbeiten im Weißen Saal, im Ovalen Porzellankabinett und im Boudoir der Herzogin sowie für 22 Vasen der Treppengeländer.

Die Deckenmalereien stammen aus der Hand der italienischen Maler Francesco Martini und Carlo Zucchi aus St. Petersburg. Die Arbeit wurde von beiden Malern im August 1766 begonnen, jedoch wird ab März 1768 in den Urkunden nur der Name Martinis erwähnt. Vermutlich waren die beiden Maler schon früher nach Rundāle gekommen, weil bereits 1763 von ihrer Abfahrt aus St. Petersburg berichtet wird. Francesco Martini hat seinen letzten Lohn im März 1769 bekommen. In acht Räumen wurden die Decken bemalt, zwei Räume wurden mit Wandmalereien dekoriert. Das Deckengemälde im Zweiten Arbeitskabinett des Herzogs ist vernichtet worden. Im Laufe der Restaurierung wurden die mit mehreren Farbschichten bedeckten Wandmalereien in der Großen Galerie und im Zweiten Arbeitskabinett des Herzogs freigelegt.

Der Herzog kam im April 1767 nach Rundāle und hielt sich hier mit Unterbrechungen bis Dezember auf, obwohl die Wiederherstellungsarbeiten im Schloss noch im Gange waren. Auch 1768 war das Schloss bewohnt. Die letzten Arbeiten wurden 1770 durchgeführt, indem im Weißen Saal die Spiegel von einem Gesellen des J. M. Graff aufgestellt wurden.

 

20.04.2018

Footer Menu DE