Die Gruft der Herzöge von Kurland im Schloss Jelgava (Mitau) ist die größte Beisetzungsstätte dieser Art in Lettland und eine der wenigen Beisetzungsstätten einer Herrscherdynastie auf der Welt, die man besichtigen kann.
In der Gruft gibt es 21 Sarkophage und 9 Särge, in denen 24 Angehörige der Dynastie Kettler und 6 Vertreter der Dynastie Biron von 1569 bis 1791 beigesetzt worden sind. Im Laufe der Jahre wurde sie schwer verwüstet und ausgeraubt, doch nun erfüllt die Gruft der Herzöge von Kurland wieder ihren ursprünglichen Zweck und ist ihrem Status als geschichtliches und kunsthistorisches Denkmal entsprechend wiederhergestellt worden.
In der Gruft befindet sich eine Ausstellung des Schlossmuseums Rundāle.
Die Geschichte der Gruft ist ebenso tragisch wie die Geschichte des Schlosses Jelgava. Sie begann 1582, als der erste Herzog Gotthard eine kleine Kirche mit einer Kelleranlage für die Grablege errichten ließ. Weiterlesen…
1987 wurde die Gruft vom Schlossmuseum Rundāle übernommen. Die Landwirtschaftliche Universität Lettlands renovierte vollständig die Räume, installierte Heizung und Elektrizität. 1990 wurde die Gruft erstmalig zur Besichtigung eröffnet, obwohl bis heute noch die Pflege und Instandsetzung der Grablege im Gange ist. Särge, Sarkophage und Textilien sollen konserviert und restauriert, die sterblichen Überreste geordnet und erhalten werden – jedoch darf das Wesen dieser Ruhestätte nicht zerstört werden.
Grabstätten in der Gruft der Herzöge von Kurland (1587-1791)
Als erster wurde 1587 Herzog Gotthard in der Gruft beigesetz. Seine früher verstorbenen minderjährigen Söhne wurden nach Jelgava (Mitau) aus dem Schloss Kuldīga (Goldingen) überführt.
Herzog GOTTHARD KETTLER (*2. Februar 1517 – †17. Mai 1587, a. St.) wurde in Westfalen geboren, seit 1537 Ritter des Deutschen Ordens, 1559 zum Ordensmeister gewählt. Nach der Auflösung des Livländischen Ordens wurde er Vasall des Königs von Polen-Litauen und Herrscher des neu gegründeten Herzogtums Kurland-Semgallen. Er heiratete 1566 in Königsberg Anna, Tochter des Herzogs von Mecklenburg. Die herzogliche Gewalt hinterließ er seinen Söhnen Friedrich (Semgallen) und Wilhelm (Kurland), unter der Bedingung, dass sie die Einigkeit des Herzogtums bewahren sollten. Er stärkte die Macht der evangelisch-lutherischen Kirche im Herzogtum. Während der Regierungszeit Herzogs Gotthard wurden in Kurland 70 Kirchen errichtet, acht Schulen und acht Armenherbergen gegründet. Beerdigt wurde er ohne überflüssigen Prunk, gekleidet in Weiß, in einem einfachen Sarkophag. Dessen Restaurierung wurde 2011 beendet und die Grabstätte gesegnet.
Herzogin ANNA (*1533 – †4. Juli 1602, a. St.), die Gemahlin des Herzogs Gotthard, war Mutter von sieben Kindern. Ihr Vater war Herzog Albrecht VII, die Mutter – eine Tochter des Kurfürsten Joachim von Brandenburg, Anna. Sie brachte sich in die Verwaltungsarbeit des Herzogtums ein, indem sie ihren Mann und ihren Sohn Friedrich unterstütze. Sie gab ein Reglement für Feierlichkeiten und Kleidung heraus, um gegen übermäßige Prunk- und Verschwendungssucht vorzugehen. Ihre Besitztümer verwaltete sie mit viel Geschick. Herzogin Anna ist in einem Sarkophag aus Zinn bestattet. Dessen Restaurierung wurde 2014 beendet und die Grabstätte gesegnet.
Herzog Gotthard und Anna hatten fünf Söhne und zwei Töchter. Drei Söhne verstarben im frühen Kindesalter: Prinz SIGISMUND ALBERT (*24. Januar 1567 – †1. April 1569, a. St.), Prinz GOTTHARD (*20. März 1568 – †31. August 1570, a. St.) und Prinz GEORG (*1. Juli 1572 – †10. August 1572, a. St.). Sie wurden in den vom Zinngießermeister Cyriacus Klinth gearbeiteten Sarkophagen beigesetzt.
Herzog FRIEDRICH (*25. November 1569 – †16. August 1642, a. St.), der dritte Sohn des Herzogs Gotthard und der Herzogin Anna, geboren in Riga. Nach dem Tode seines Vaters wurde er Herzog. 1600 heiratete der Herzog Friedrich Prinzessin Elisabeth Magdalena von Pommern. Da ihre Ehe kinderlos war, nahm Friedrich den Sohn seines Bruders Wilhelm als Pflegesohn an und übergab ihm das Herzogtum 1639. Friedrich starb in Jelgava (Mitau) und wurde 1643 in der Herzogsgruft beigesetzt. Weiterlesen…
Herzogin ELISABETH MAGDALENA (*17. April 1580 – †23. Februar 1649, a. St.), die Gemahlin des Herzogs Friedrich, geboren in Wolgast. Ihr Vater war der Herzog Ernst Ludwig von Pommern, die Mutter – Sophie Hedwig, geborene Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg. In der Gruft wurde sie 1649 beigesetzt. Weiterlesen…
Herzog WILHELM (*20. Juli 1574 – †7. April 1640, a. St.), der jüngste Sohn des Herzogs Gotthard und der Herzogin Anna. Nach dem Tod seines Vaters 1587 wurde er nach der Teilung des Herzogtums Herzog von Kurland mit dem Regierungszentrum in Kuldīga (Goldingen). 1609 heiratete er die Prinzessin Sophie von Preußen-Brandenburg. Nachdem er 1617 als Herzog abgesetzt wurde, lebte er im Ausland und starb in der Abtei Kucklow (Pommern). 1642 ließ sein Sohn, Herzog Jakob, die sterbliche Überreste mit einem Schiff nach Kurland überführen. Weiterlesen…
Herzogin SOPHIE (*31. März 1582 – †24. November 1610, a. St.), die Gemahlin des Herzogs Wilhelm. Ihr Vater war Albert Friedrich, Markgraf von Brandenburg und Herzog von Preußen, die Mutter – Marie Eleonora, Prinzessin von Jülich-Kleve. 1609 fand in Königsberg die Hochzeit zwischen der Prinzessin Sophie und dem Herzog Wilhelm. Am 28. Oktober 1610 gebar sie ihren Sohn Jakob und starb weniger als einen Monat danach. Weiterlesen…
Herzog JAKOB (*28. Oktober 1610 – †31. Dezember 1681, a. St.), der einzige Sohn des Herzogs Wilhelm und der Herzogin Sophie, geboren in Goldingen (Kuldīga). Seit 1639 Herzog von Kurland. 1645 heiratete der Herzog Jakob Prinzessin Luise Charlotte von Brandenburg-Preußen. In der Gruft wurde er 1682 beigesetzt. Weiterlesen…
Herzogin LUISE CHARLOTTE (*3. September 1617 – †8. August 1676, a. St.), die Gemahlin des Herzogs Jakob. Ihr Vater war Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg, die Mutter – Prinzessin Elisabeth Charlotte von Pfalz. In der Gruft wurde sie 1677 beigesetzt. Weiterlesen…
Prinz WLADISLAW LUDWIG FRIEDRICH (*4. Dezember 1647 – †31. März 1648, a. St.), der erste Sohn des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte.
Prinzessin CHRISTINE SOPHIE (*5. Mai 1649 – †28. Dezember 1650, a. St.), die zweite Tochter des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte.
Prinz KARL JAKOB (*20. Oktober 1654 – †29. Dezember 1676), der dritte Sohn des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte. Er hatte in Genf studiert. 1676 diente er als Infanterieregimentsführer in der Armee des Prinzen von Oranien in Holland. Als er die Nachricht vom Tod seiner Mutter erhielt, eilte er sich nach Kurland, erkrankte aber in Berlin an Typhus und starb dort.
Prinz ALEXANDER (*18. Oktober 1658 – †16. August 1686), der jüngste Sohn des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte, geboren während der schwedischen Gefangenschaft. Ungeachtet dessen, daß der Prinz ohne den rechten Unterarm geboren wurde, schlug er die militärische Laufbahn ein. 1686 wurde er in einem Gefecht gegen die Türken bei Ofen schwer verletzt und starb in der Nähe von Wien.
Herzog FERDINAND (*2. November 1655 – †4. Mai 1737), der vierte Sohn des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte. Er beteiligte sich an Kriegen in Holland, danach an Kämpfen gegen die Türken. Während des Nordischen Krieges nahm er an der Schlacht bei Riga teil, nach der Niederlage floh er ins Ausland. Nach dem Tode des Herzogs Friedrich Wilhelm wurde er 1711 Herzog von Kurland – der letzte aus dem Hause Kettler. Er hielt sich ständig im Ausland auf. 1730 heiratete er die 22-jährige Prinzessin Johanna Magdalena von Sachsen-Weißenfels. Ihre Ehe war kinderlos. Herzog Ferdinand starb in Danzig und wurde in einem massiven Zinnsarkophag beigesetzt, der in Danzig angefertigt worden war. Die Restaurierung des Sarkophags wurde 2009 beendet und die Grabstätte gesegnet.
Herzog FRIEDRICH KASIMIR (*6. Juli 1650 – †22. Januar 1698), der zweite Sohn des Herzogs Jakob und der Herzogin Luise Charlotte. Seit 1670 war er ein Reiterregimentsführer der holländischen Armee und beteiligte sich an zahlreichen Kämpfen. 1675 heiratete er die Prinzessin Sophie Amelie von Nassau-Siegen, nach ihrem Ableben (1691) – seine Kusine, Prinzessin Elisabeth Sophie von Brandenburg. In der ersten Ehe wurden ein Sohn und vier Töchter geboren, in der zweiten – zwei Söhne. Nach dem Tode seines Vaters wurde Friedrich Kasimir Herzog von Kurland. Bezeichnend für seine Regierungszeit war ein prunkvolles Hofleben. Genauso prunkvoll war auch die Trauerzeremonie des Herzogs, die erstreckte sich über mehrere Monate.
Herzogin SOPHIE AMELIE (*20. Februar 1650 – †25. November 1688), die erste Gemahlin des Herzogs Friedrich Kasimir. Ihr Vater war Fürst Heinrich von Nassau-Siegen, ihre Mutter – geborene Gräfin von Limburg-Stirum. 1675 heiratete sie Prinz von Kurland. Die Herzogin starb 10 Tage nach der Geburt ihrer Tochter Christine Sophie. Die Herzogin ist in einem barocken Sarkophag aus Zinn beigesetzt, an dessen beiden Seitenflächen Wappenreliefs von Nassau-Siegen angebracht sind. Die Restaurierung des stark deformierten Sarkophags erfolgte von 2007 bis 2008. Nach alten Fotos wurden die weinenden Engelsfiguren auf dem Deckel modelliert und gegossen.
Prinz JOHANN FRIEDRICH (*3. April 1682 – †11. April 1683), der einzige Sohn des Herzogs Friedrich Kasimir und der Herzogin Sophie Amelie.
Prinzessin CHRISTINE SOPHIE (*15. November 1688 – †21. August 1694, a. St.), die jüngste (vierte) Tochter des Herzogs Friedrich Kasimir und der Herzogin Sophie Amelie.
Prinz LEOPOLD KARL (*14. Dezember 1693 – †21. Juli 1697), der zweite Sohn des Herzogs Friedrich Kasimir und der Herzogin Elisabeth Sophie.
PRINZESSIN (23. Februar 1695), die totgeborene Tochter des Herzogs Friedrich Kasimir und der Herzogin Elisabeth Sophie.
Herzog FRIEDRICH WILHELM (*19. Juli 1692 – †21. Januar 1711) war der erste Sohn des Herzogs Friedrich Kasimir und der Herzogin Elisabeth Sophie. Während des Nordischen Krieges wohnte er zusammen mit seiner Mutter am Hofe ihres Bruders, des Königs Friedrich I. von Preußen, in Berlin. Nach 10 Jahren kehrte er als Herzog von Kurland in das zerstörte Herzogtum zurück. An demselben Tag, den 13. Mai 1710, stiftete er in Libau (Liepāja) Ordre de la Reconnaissance, der 1938 in der Republik Lettland unter dem Namen Anerkennungskreuz erneuert wurde. Die nächte Erneuerung dieses Ordens erfolgte 2004. Dem Willen des Zaren Peter I. von Russland folgend, heiratete er im Oktober 1710 die Nichte des Zaren, Prinzessin Anna Joanovna von Russland. Auf dem Rückweg nach Kurland starb Friedrich Wilhelm unweit von St. Petersburg.
Herzog ERNST JOHANN BIRON (*23. November 1690 – †28. Dezember 1772) war der erste Herzog von Kurland aus dem Geschlecht Biron. Für ihn wurden zwei Residenzschlösser auf dem Niveau des europäischen Adels gebaut: Rundāle (Ruhenthal) und Jelgava (Mitau). Sein Vater war Pächter des Gutes Kalnzeem Karl von Büren, die Mutter – Catharina Hedwig, geborene von der Raab-Thülen. 1737 wurde Ernst Johann zum Herzog von Kurland-Semgallen gewählt, 1769 dankte er zugunsten seines ältesten Sohnes Peter ab. Weiterlesen…
Herzogin BENIGNA GOTTLIEB (*15. Oktober 1703 – †5. November 1782), die Gemahlin des Herzogs Ernst Johann. Ihr Vater war der Pfandhalter des Gutes Johgeln, L. von Trotta-Treyden, ihre Mutter – die Tochter des Besitzers von Keweln, H. von Wildemann, Anna Elisabeth. 1723 heiratete sie Ernst Johann Biron. Herzogin Benigna Gottlieb schrieb sakrale Lieder, die 1777 in Jelgava in deutscher Sprache erschienen. Sie starb im Schloss Jelgava und wurde in der Gruft in einem Kupfersarkophag beigesetzt. Dessen Restaurierung wurde 1990 beendet und die Grabstätte gesegnet.
Der erste Sohn des Herzogs Ernst Johann und der Herzogin Benigna Gottlieb, PETER (*15. Februar 1724 – †13. Januar 1800), wurde Herzog von Kurland 1769. Er war dreimal verheiratet. In der ersten Ehe mit Karolina Luise, geborene Prinzessin von Waldek, wurde ein Sohn tot geboren, die zweite Ehe mit der russischen Fürstin Jewdokia Jusupow war kinderlos, in der dritten Ehe des Herzogs mit Anna Charlotte Dorothea, geborene von Medem, wurden ein Sohn und fünf Töchter geboren. Der letzte Herzog von Kurland starb in Gellenau und wurde in Sagan (Schlesien) neben der Augustinerkirche beerdigt. 1847 wurde er in der Gruft unter dem Turm der lutherischen Kirche in Sagan umgebettet. Seine Grabstätte wurde im zweiten Weltkrieg gänzlich zerstört.
PRINZ, totgeboren am 9. November 1766, Sohn des Herzogs Peter und seiner ersten Gemahlin Karolina Luise.
Prinz PETER (*23. Februar 1787 – †25. März 1790), Sohn des Herzogs Peter und der Herzogin Anna Charlotte Dorothea.
Prinzessin CHARLOTTE FRIEDERIKA (*26. Januar 1789 – †10. März 1791), Tochter des Herzogs Peter und der Herzogin Anna Charlotte Dorothea.
Bis 2018 sind 13 Sarkophage vollständig und zwei teilweise restauriert worden. Die anderen Sarkophage sind gereinigt, und die größten Deformationen sind bereits beseitigt.
Damit sich die Besucher besser informieren können, ist im Vorraum des Grabgewölbes eine ständige Ausstellung aufgebaut. In der Ausstellung gibt es restaurierte Totenhemden und andere Zeugnisse vergangener Zeiten zu sehen. Weiterlesen…
21.11.2022